Das Thema des Zusammenhangs zwischen dem Gefühl der Einsamkeit und der Lebenszufriedenheit weckt seit Langem Interesse sowohl in der wissenschaftlichen Psychologie als auch in der praktischen Arbeit. Bereits in meinem früheren Artikel „Einsamkeit und Lebensqualität“ habe ich diese Frage behandelt, wobei der Schwerpunkt damals vor allem auf theoretischen Aspekten lag. Im vergangenen Jahr führte ich eine empirische Untersuchung durch, deren Ergebnisse die Grundlage meiner erfolgreich verteidigten Abschlussarbeit bildeten. Nun beabsichtige ich, diese Thematik vertieft weiterzuführen. Im vorliegenden Text werden die wichtigsten Ergebnisse dieser Untersuchung kurz dargestellt.
Die Relevanz der Erforschung des Zusammenhangs zwischen Einsamkeit und Lebenszufriedenheit ergibt sich daraus, dass beide Phänomene eine zentrale Rolle für das psychische Wohlbefinden des Individuums spielen. Darüber hinaus war es für mich als praktizierenden Psychologen besonders wichtig, nicht nur das Vorhandensein einer Korrelation festzustellen, sondern auch das Potenzial der praktischen Anwendung der gewonnenen Erkenntnisse in der Beratungstätigkeit einzuschätzen.
Für eine korrekte Analyse war eine präzise Definition der zentralen Begriffe erforderlich. Nach der Definition von S. G. Kortschagina stellt Einsamkeit einen psychoemotionalen Zustand dar, der das subjektive Erleben von Isolation sowie die Unmöglichkeit oder das Fehlen des Wunsches widerspiegelt, Akzeptanz und Resonanz von anderen zu spüren. Lebenszufriedenheit wiederum wird nach der Interpretation von W. S. Merenkowa und anderen Autoren als subjektives Empfinden von Wohlbefinden und Harmonie mit sich selbst und der Umwelt verstanden.
Trotz der scheinbaren Selbstverständlichkeit dieser Begriffe wurden sie in verschiedenen wissenschaftlichen Schulen und Epochen unterschiedlich interpretiert. In der antiken Philosophie galt Einsamkeit als negativer Zustand, im Mittelalter wurde sie mit geistiger Unreife assoziiert, und im 20. Jahrhundert wurde sie häufig als tragische Erfahrung verstanden. In der modernen russischen Psychologie unterscheidet man die Begriffe Einsamkeit, Isolation und Zurückgezogenheit (russ. „uединение“), wobei Letzteres keine pathologische Bedeutung trägt und eine bewusste Wahl des Individuums darstellen kann. Darüber hinaus birgt die Transformation von Einsamkeit in produktive Zurückgezogenheit ein psychotherapeutisches Potenzial.
Trotz ihrer subjektiven Natur lässt sich Lebenszufriedenheit empirisch messen. In der vorliegenden Untersuchung wurden validierte psychodiagnostische Verfahren eingesetzt: die Skala des subjektiven Wohlbefindens (in der Adaption von Fetiskin N. P., Koslow W. W. und Manujlow G. M.) sowie der diagnostische Fragebogen „Grad der Einsamkeit“ (Kortschagina S. G.). An der Studie nahmen 25 Personen im Alter zwischen 18 und 56 Jahren teil.
Die erhaltenen Daten ermöglichten den Nachweis einer moderaten Korrelation zwischen Lebenszufriedenheit und dem Erleben von Einsamkeit. Laut den Ergebnissen zeigten 36 % der Teilnehmer ein niedriges Niveau subjektiven Wohlbefindens, während 64 % ihren Zustand als zufriedenstellend einschätzten. Von allen Befragten gaben 52 % an, kein ausgeprägtes Einsamkeitsgefühl zu erleben, während bei 48 % Einsamkeit in unterschiedlichem Ausmaß vorhanden war – bis hin zu deutlichem emotionalem Unbehagen.
Besonders bemerkenswert ist der Vergleich der Gruppen: Unter den Befragten mit hoher Lebenszufriedenheit berichteten nur 37,5 % über Einsamkeit, während dieser Anteil in der Gruppe mit niedriger Lebenszufriedenheit 66,7 % betrug. Die Korrelationsanalyse nach der Methode von Pearson ergab eine moderat ausgeprägte negative Korrelation (r = –0,44), was bestätigt: Je höher die Lebenszufriedenheit, desto geringer das subjektive Gefühl der Einsamkeit.
Dabei ist zu beachten, dass dieser Zusammenhang nicht absolut ist. Ein Gefühl des Wohlbefindens kann trotz Einsamkeit bestehen, wenn kompensatorische Faktoren vorhanden sind – etwa eine bedeutsame berufliche Tätigkeit, Hobbys oder Beziehungen zu Haustieren. Umgekehrt garantiert das Fehlen von Einsamkeit keine hohe Lebenszufriedenheit, wenn andere belastende Lebensumstände bestehen.
Zusammenfassend bestätigen die Ergebnisse das Bestehen eines Zusammenhangs zwischen dem Erleben von Einsamkeit und der Lebenszufriedenheit. Diese Erkenntnisse eröffnen Perspektiven für weitere Forschung sowie für die Entwicklung psychotherapeutischer Interventionen, die darauf abzielen, das subjektive Wohlbefinden von Klientinnen und Klienten zu stärken.
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